Wie sieht meine Welt aus, wenn Corona vorbei ist und was hat Corona mit mir gemacht?
Nehmen wir Mal an, 2021 gibt es keinerlei Beschränkungen mehr, man darf reisen, feiern und alles, was das Herz begehrt.
So könnte es aussehen: Ich bin 17, es ist wieder Sommer und ich morgens auf, um in die Schule zu gehen. Seit ungefähr zwei Monaten ist man wieder frei. Ich hätte es auch nicht länger in dieser Isolation und mit diesen ständigen negativen Gedanken, die man seit März mit sich rumschleppt, ausgehalten. In der Schule hat sich einiges verändert, wenn man es mit der Situation vor der Pandemie vergleicht. Ich habe das Gefühl, dass viele ausgelassener, ausgeglichener und beschwingter sind. Einige haben ihren persönlichen Style gefunden, sich die Haare geschnitten oder ein Piercing stechen lassen. Schule ist wieder ein Ort, an dem man sich wohl fühlt, seit der Spuk vorbei ist. Es ist normal unter uns geworden, dass man sich zur Begrüßung küsst, einfach weil man’s kann.
Irgendwie bin ich nicht mehr mit der Lina aus dem März letzten Jahres zu vergleichen. Die kleinen Krisen haben mich geprägt.
Ich trage jetzt jeden Tag ein Armband mit 18 Perlen. Jeden Tag fahre ich mit dem Finger von Perle zu Perle und Liste im Kopf 18 Dinge auf, für die ich dankbar bin. Ich habe gelernt, dass nichts auf der Welt selbstverständlich ist. Küsse, Nähe, gemeinsame Ausflüge, Reisen, Freiheit, Mehl und Klopapier. Dinge, die wir früher immer hatten, die einfach da waren, waren auf einmal weg. Zurück blieb Verwirrung, Leere, Angst, Hoffnungslosigkeit und Überforderung.
Aber all das hat mich wachsen lassen. Ich bin während der Krise mir selbst nähergekommen, hab mich selbst ein Stückchen besser und intensiver kennengelernt.
Freunde zu haben ist so wichtig. Freunde, die einen, wenn‘s einem nicht so gut geht, trösten, Mut machen, zuhören und aufmuntern. Vor dann, wenn man so viel Zeit mit sich selbst verbringt, ist es unglaublich wichtig, sich selbst auch wie einen guten Freund zu behandeln. Das heißt, sich bedingungslos zu lieben, sich zu akzeptieren, nicht zu hart zu sich selbst zu sein, keine unsinnigen Perfektions-Ansprüche an sich selbst zu haben. Wenn man selbst sein bester Freund ist, bedeutet das, dass man sich auf seine eigenen Fähigkeiten verlassen kann und sein eigener Ruhepol in schwierigen Zeiten ist. Man kommt mit Gefühlen wie Einsamkeit, Instabilität und Unsicherheit besser klar. Wenn es einem gelingt, ein positives Selbstbild zu erschaffen, kann man seine Persönlichkeit entwickeln, stark und unabhängig werden. Ich habe viel nachgedacht über mich selbst, Beziehungen zu anderen Menschen und habe mich quasi selbst gedatet. Ich genieße meine eigene Gesellschaft. Durch die Beschränkungen hatte ich viel mehr Zeit zum Lesen, Malen, Kochen, Sport machen etc., wodurch ich auch durchaus Liebe zu mir selbst entdeckt habe. Ich h nicht, weil wir finanzielle oder gesundheitliche Probleme und Ängste hatten. Wir hatten Angst, unsere kostbare, junge Zeit daheim, anstatt nachts auf den Straßen zu verbringen. Was wir wollen ist nämlich frei und wild sein. Man ist schließlich nur einmal 16. Wenn man uns das nimmt, nimmt man uns viel. Viel Lebensfreude.
Wir hatten das Gefühl, dass unsere Sorgen und Ängste nicht ernstgenommen worden sind, weil andere es ja deutlich schlechter haben. Das Gefühl, wenn die Dinge wegfallen, die die Jugend ausmachen, ist einfach sehr bedrückend. Wir haben ganz andere Bedürfnisse als Erwachsene fühlten uns stark eingeschränkt und hatten keine Ahnung, was als nächstes kommt.
Das haben Erwachsende nicht verstanden. Sie hatten ihre Jugend schon hinter sich. Wenn sie nicht gerade bedroht waren oder Existenzängste hatten, war 2020 einfach nur ein blödes Jahr, das man wieder vergisst. Für uns Jugendliche wurde die Welt damals aber ein bisschen auf den Kopf gestellt. Manche haben es genossen, manche haben gelitten. Aber jetzt ist es vorbei.
Die neue Lina weiß ein bisschen genauer, worauf es im Leben ankommt und was das Leben schön macht. Die neue Lina wertschätzt die kleinen Dinge mehr. Sie tanzt im Regen und durch die Straßen. Sie hat jetzt ein Gemüsebeet und selbstgenähte Klamotten und kann sogar kochen.
Jetzt, nach Corona sind zwischenmenschliche Beziehungen und Werte wichtiger geworden. Wir sind dankbarer geworden und haben gemerkt, dass Liebe, Nähe und Freiheit die Dinge sind, die wir brauchen. abe darauf geachtet, mir selbst positiv und nicht so ernst gegenüber zu stehen, so wie ein guter Freund das auch tut. Als mein guter Freund kann ich über mich selbst lachen und mich unterstützen.
Für viele von uns Jugendlichen war der Lockdown einfach niederschmetternd, aber